Uns ist keine Dashcam bekannt, welche eine 30-Sekunden-Loop-Aufnahme im RAM vorhält und nur bei einem Unfall oder nach manuellem Auslösen abspeichert.
Nach genauerer Überlegung kommen wir zur Erkenntnis, dass eine solche Dashcam in vielen Fällen gar nicht nützlich ist.
Dazu nehmen wir als Beispiele folgende Beiträge von Nutzern hier im Forum:
>> Dashcam mit guter Kennzeichen-Erkennung
>> Hilfe! Muss Kennzeichen entziffern
Oder man denke an Trick- und Versicherungsbetrüger, die sich mit Absicht vor das Auto werfen. Bei YouTube gibt es haufenweise dokumentierte Beispiele.
1. Unfälle sind nicht immer mit einem Aufprall verbunden.
Der G-Sensor würde in verschiedenen Unfall-Situationen gar nicht auslösen.
In beiden in den oben verlinkten Beiträgen beschriebenen Fällen dürfte eine G-Kraft vom "Aufprall" nicht zu spüren gewesen sein - bis auf das Scheppern des Außenspiegels oder der Cola-Dose auf der Motorhaube. Die Kamera hätte nicht aufgezeichnet.
2. G-Sensor nicht optimal einstellbar.
Wenn eine G-Kraft bei einem Aufprall erzeugt wird, so sollte der G-Sensor diese messen können. Problematisch ist jedoch der Schwellwert, ab wann die gemessene G-Kraft als Unfall gewertet wird.
Ist der G-Sensor zu empfindlich eingestellt, so wird die Fahrt über jede Schwelle und jeder Bahnübergang als Unfall gewertet. Die Speicherkarte wäre schnell voll und die weitere Funktion der Dashcam in der Praxis nicht mehr möglich.
Ist der G-Sensor zu unempfindlich würde kleinere Stupser oder Parkrempler ebenfalls nicht aufgezeichnet.
Die Einstellung des G-Sensors ist auch von der Masse und Trägheit (u.a. Dämpfung/Einstellung der Stoßdämpfer) abhängig. Selbst wenn man einen für sein Fahrzeug gut funktionierenden Wert findet, so ist dieser nicht auf ein anderes Fahrzeug übertragbar. Außerdem müsste vom Nutzer der Dashcam sehr viel Aufwand und Tests betrieben werden, um eine gute Einstellung des G-Sensors zu finden.
Nicht umsonst wird bei vielen Dashcams standardmäßig eine Nutzung mit deaktiviertem G-Sensor empfohlen.
3. Reaktionszeit von Menschen zu langsam
Wenn wir den G-Sensor einmal außer Acht lassen, so müsste der Fahrer oder Beifahrer manuell die Speicherung der letzten 30 Sekunden veranlassen. Oft wird dies jedoch durch den Schockzustand nach einem unvorhergesehenen drastischen Ereignis, wie einem Unfall, vereitelt.
Einige Autoren bei Dashcam-Wiki haben unabhängig voneinander eine Zeit lang wegen der oben genannten Problematik probiert, auf spontanen und unvorhergesehenen Zuruf des Beifahrers eine Dashcamaufnahme mit Fernbedienung auszulösen. Es war uns nur bei sehr ruhigen und sehr übersichtlichen Situationen möglich, eine manuelle Dashcamaufnahme ohne große Verzögerung zu starten. Bei einem Unfall würden wir jedoch nicht daran denken auf den Auslöser zu drücken. Wir wären eher mit den Unfallfolgen beschäftigt. Erst nach einer bestimmten Zeitspanne wären wir überhaupt in der Lage den nicht täglich mehrfach trainierten Bewegungsablauf "einen Knopf für die Dashcam zu drücken" auszuführen. Im optimalen Fall, müsste der Knopf zum Auslösen der Dashcam sich direkt am Lenkrad (z.B. wie Hupe) befinden und jederzeit(!) erreichbar sein.
In der Praxis ergibt sich eventuell auch eine weitere Verzögerung, wenn man vor drücken des Aufnahmeknopfes darüber nachdenkt, ob man Schuld hat, oder nicht. Falls man selber Schuld am Unfall hat, will man doch sicher kein weiteres Beweismittel dafür erschaffen.
Sollte nach einem Unfall der Fahrzeuginsasse bewusstlos sein, so ist gar keine Möglichkeit einer manuellen Aufnahme gegeben.
4. Aufnahmedauer
Die Aufnahmedauer müsste deutlich länger als 30 Sekunden sein.
Nicht nur der Unfall selbst, sondern auch das verhalten beider Fahrzeuge bzw. des Unfallgegners vor und nach dem Unfall muss aufgezeichnet werden (siehe auch Versicherungsbetrüger).
Unter Beachtung von Punkt zwei gehen wir von ca. 5-10 Minuten aus.
5. Stromversorgung bei Unfall
Bei modernen Fahrzeugen wird bei einem Unfall die Stromversorgung automatisch deaktiviert. Die Dashcam müsste mit einer eigenen Energiequelle ausgestattet sein, welche es erlaubt die letzten 30 Sekunden (oder eher 10 Minuten) auf die Speicherkarte zu schreiben. Akkus sind eine Möglichkeit, jedoch unterliegen diese einem Verschleiß und begrenzen die Betriebstemperatur.
Hochkapazitätskondensatoren können aktuell nicht genug Energie speichern, um eine Dashcam mehr als 2-3 Sekunden in Betrieb zu halten.
Außerdem würden größere Akkus oder Kondensatoren, welche die Dashcam länger als nur zu geordneten beenden der aktuellen Aufnahme und herunterfahren in Betrieb halten, auch das Gehäusevolumen der Dashcam signifikant vergrößern.
Für Punkt 4 & 5 lässt sich sicherlich ein technische Lösung finden. Für Punkte 1-3 sehen wir jedoch in naher Zukunft keine Chance, dass eine praxistaugliche und unkomplizierte Lösung gefunden wird.
Wir halten eine permanente Aufzeichnung für unumgänglich. Es scheint eine gute Lösung zu sein, dass die Aufnahme im Loop-Verfahren nur einen sehr kleinen Zeitraum beträgt - z.B. 5-10 Minuten.
Das speichern in einem RAM ist, wie oben geschildert, jedoch nicht vorteilhaft. Die Speicherung sollte auf einem nichtflüchtigen Speichermedium erfolgen, welches unendlich oft überschrieben werden kann, sodass nach Wegfall der Stromversorgung die Videodaten nicht verloren gehen. Speicherzellen aktueller Speicherkarten leisten jedoch nur ca. 300 Schreibzyklen, bevor ein Verschleiß und Defekt der Speicherzellen auftritt.
Beste Grüße
Steve & Torsten von Dashcam-Wiki