Hallo,
mein ursprünglicher Post "Dashcam, die nur im Bedarfsfall tatsächlich speichert...? Datenschutz..." befindet sich im Bereich "Kaufberatung".
Ich möchte hier nochmal gesondert auf das Thema Datenschutz eingehen.
Ganz von der Hand weisen will ich generelle Datenschutzangelegenheiten nicht. Im Prinzip ist der Zweck solcher Systeme in meinen Augen absolut legitim und sinvoll. Eine Kamera filmt den Bereich um ein schützenswertes Objekt, die Aufnahmen sind nur dann von Interesse, wenn es einen berechtigten Anlassfall gibt. Allerdings will ich auch nicht das Gefühl haben, auf Schritt und Tritt gefilmt zu werden, weil überall dauerhafte Videoüberwachung stattfindet. Den bekannten Fall der Münchenerin, die ein Bußgeld bekommen hatte, weil sie stundenlang einen Parkplatz filmte und nach einem Parkrempler mit dem Video zur Polizei ging, finde ich ganz interessant. Ich halte das Bußgeld trotzdem nicht für angebracht, auch wenn der Gesetzgeber da halt was vorgeschrieben hat, insbesondere finde ich die Tatsache, dass nicht beteiligte Kennzeichen mit auf den Aufnahmen sind, unbedeutend (ich habe das Urteil noch nicht gelesen, aus Medienberichten ist nicht ganz klar, ob bei der Formulierung: "Es sind andere Kennzeichen zu erkennen, das ist unzulässig.", die Betonung auf "zu erkennen" (für die Behörden, denen das Video übergeben wurde) liegt (Verstoßes gegen Recht am eigenen Bild), also ob eine Schwärzung der Kennzeichen durch die Dashcambetreiberin vor Weitergabe des Materials das Problem hätte beheben können, oder ob es darum ging, dass bei dauerhaftem Filmen generell andere Kennzeichen erfasst hätten werden können und auch wurden; meist wird bei der allgemeinen Thematik (Personen und Kennzeichen bei Dashcams erkennbar) allerdings letzteres angeführt). Für mich persönlich macht es einen Unterschied, ob ich mich nahe an einem schützenswerten Objekt, wie einem geparkten Auto, befinde, oder ob ich davon ausgehen kann, dass ich, wenn ich weit von so einem Objekt entfernt bin, trotzdem sehr detailgetreu gefilmt werde.
Einer gewissen Beobachtung setzt man sich in der Öffentlichkeit natürlich sowieso aus, wenn man das nicht möchte, muss man wohl zu Hause bleiben. Wenn ich aber mitten auf einem Parkplatz kotzen muss und mir das peinlich ist (oder sonstirgendwas, was mir peinlich ist und nach allgemeinem Empfinden als peinlich eingestuft wird), finde ich es schon grenzwertig genug, zu wissen, dass irgendwer das mit einem Handy filmen könnte. Bei einer autmoatischen und dauerhaften detailgetreuen Videoerfassung, die auch über den direkten Nahbereich eines PKW hinausgeht, ist aber von vorneherein klar, dass sich so ein Vorfall in privater Hand gespeichert befindet. Von dem Problem, dass es online gestellt werden könnte und womöglich noch viral gehen könnte, mal abgesehen. Aber da Onlinestellen strafbar ist und nicht jeder Dashcambetreiber aufgrund illegalen Verhaltens mancher einem Generalverdacht ausgesetzt werden darf, sehen wir mal von soetwas ab. Dass es allerdings nahezu unmöglich sein dürfte, ein Video, das einmal von anonymer Seite ins Netz gestellt wurde und immer wieder geteilt wird, online elminiert zu bekommen, dürfte trotzdem klar sein. Man könnte natürlich aufgrund des Rechts am eigenen Bild versuchen, zumindest anhand einer IP Adresse möglicherweise den Originaleinsteller zu ermitteln, aber erstens bekommt man das Video aus den Weiten des Netzes dann trotzdem nicht mehr weg, zweitens kann der Onlinesteller oder Server-/Plattformbetreiber zunächst nur gezwungen werden, es auf seiner Seite online zu löschen. Wenn der User sagt, er hätte das Video sonstwo her, ist es im Sinne des Strafgesetzes juristisch schwer, ihn zu belangen, und drittens ist das alles mit erheblichem Aufwand verbunden. Rechtsanwalt, Polizei, Ermittlung etc. Und wenn das alles nicht von Erfolg gekrönt ist (Server irgendwo in China oder sonstwo, User aufgrund der IP nicht zu ermitteln etc.), bleibt man auch noch auf Kosten sitzen. Da muss man wohl eher damit leben, ein Video im Netz zu haben, das mit "Dödel / Penner / Besoffener etc. kotzt im Strahl durch die Gegend! ROTFL LOL!!!" untertitelt ist. Aber wie gesagt, dafür kann ja der Standarddashcammer nichts, auch wenn die Chance auf missbräuchliche Verwendung solcher Daten bzw. Videosequenzen bei standardmäßiger Videoüberwachung aus einem PKW heraus (auch wenn der ursprüngliche Zweck einer solchen Überwachung der Schutz nur seines eigenen Eigentums ist) grundsätzlich höher ist.
Über die Tatsache, dass man mit hoher Wahrscheinlichkeit bei etwas Peinlichem automatisch erfasst wurde, muss man dann entweder drüberstehen oder denken: "Wer schaut sich schon stundenlange Parkplatzvideos an?", oder man findet es eben doch persönlich zu unangenehm von jedermann über installierte dauerhafte Kameras automatisch erfasst zu werden, was ja auch der eigentliche Grund dafür ist, dass systematische Videoüberwachung eben verboten ist. Wobei ich den Begriff "Überwachung" auch nicht eindeutig finde, denn man wird ja nicht persönlich überwacht, sondern gerät in dem Fall auf eine Aufnahme , die etwas ganz anderes überwacht und in der Regel nur gesichtet wird, wenn es einen anlassbezogenen Vorfall bezüglich des überwachten PKW gab (sollte zumindest so sein). Ein Diskussionsteilnehmer meinte mal: "Ich möchte nicht in einem Stau dauerhaft aus dem Heck des PKW direkt vor mir frontal gefilmt werden. Ich möchte auch popeln können, ohne systematisch gefilmt zu werden." Ok, da ein PKW zumindest durch die vorderen Scheiben einsehbar ist, ist ein Auto wohl eher ein Mischbereich aus Privatsphäre und öffentlichem Raum. Ich würde zumindest nicht minutenlang herumpopeln und wenn doch, muss mir klar sein, dass ich dabei zumindest beobachtet werden könnte. Aber der generelle Einwand: "Ich möchte in einem Stau nicht dauerhaft frontal gefilmt werden", ist m.E. auch nicht ganz abwegig.
Die Rechtsanwälte Knyrim / Trieb, sind österreichische Juristen, die sich öfters mit Datenschutzangelegenheiten beschäftigen. In einem fünfseitigen Beitrag in der "Zeitschrift für Verkehrsrecht" (allerdings aus 2015) erörtern sie das Thema Dashcam in Verbindung mit der Datenschutzproblematik. Sie halten Kameras in KFZ zur Beweissicherung bei Verkehrsunfällen mit dem Datenschutzrecht für kompatibel. Um diese Kompatibilität zu gewährleisten, stellen sie aber ein paar Empfehlungen auf, die den Einsatzbereich solcher Kameras einschränken. In der Zusammenfassung schreiben sie: "Werden Dashboard-Cams nach datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten designt, werden sie zur Crash-Cam; diese zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Aufzeichnung öffentlichen Raums durch eine bewusst niedrig gehaltene Aufnahmequalität vermeidet, die Speicherung von Bilddaten auf das für den Beweissicherungszweck unbedingt erforderliche zeitliche Ausmaß beschränkt und nur im Fall des Eintretens eines vorab definierten Anlassfalls (Unfall, Sachbeschädigung etc.) bestimmten, an den Daten ein berechtigtes Interesse habenden Personen Zugriff auf die Daten gewährt.“
Der Artikel ist ganz interessant, wenn auch schon älter: https://www.kt.at/wp-content/upl…iner-Knyrim.pdf (S. 112 - 117).
Dass eine bewusst niedrig gehaltene Aufnahmequalität den Einsatzbereich einer solchen Cam stark einschränkt, ist klar. Für Fälle, die es recht häufig gibt, würde sie in der Regel ausreichen (hängt natürlich auch davon ab, wie niedrig die Qualität nun ist): Um meinen im ursprünglichen oben erwähnten Post beschriebenen Fall zu nehmen: Frau fährt mir rein, Personalien werden ausgetauscht, aber Frau behauptet im Nachhinein, ich sei ihr reingefahren. Also die klassische „Aussage gegen Aussage“ Situation, die im Nachhinein oft mangels Beweisen nicht zu klären ist. Da müssen keine Kennzeichen erkannt werden, es ist auch aufgrund des Personalienaustauschs nicht strittig, wer gefahren ist etc. Es reicht zu erkennen, dass ihr PKW vom gegenüberliegenden Parkstreifen aus in meine Bahn gewendet hat, als ich bereits auf der Straße fuhr. Auf die ganze Vielzahl an Situationen, bei denen eben doch eine höhere Auflösung benötigt wird (oder v.a. bei schwereren Unfällen die direkte Speicherung auf einem physischen Medium und nicht die anfällige Nachträgliche), gehe ich hier nicht näher ein, da braucht man nicht viel Phantasie für zu haben und kennt sicherlich zumindest bezüglich der Auflösung auch Fälle aus Schilderungen oder selbst. Insofern wäre das eine unzufriedenstellende Lösung. Da es allerdings in Deutschland und Österreich viele unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt, der Tenor aber bezüglich des Datenschutzgesetzes, Persönlichkeitsrechten Dritter etc. im Strafrecht doch ziemlich restriktiv ist, könnte ich mir vorstellen, dass die Frage der Legalität des Betreibens von Dashcams (in D-land und Ö) auf irgendsoeine Kompromisslösung hinausläuft (vorerst). Der Popler im Stau könnte dann zumindest bei zulässiger Verwendung einer Heck-Cam in Ruhe popeln, ohne das Gefühl zu haben, dabei detailiert aus dem Heck des Vordermanns gefilmt zu werden und selbst die undeutlichen Aufnahmen nicht abgespeichert zu wissen...